Geschichte

Über 100 Jahre St. Bartholomäus Schützenbruderschaft Gützenrath

Kaum eine Gruppierung unserer Gesellschaft kann auf eine so lange Tradition zurückblicken, wie die historischen Schützenbruderschaften, die urkundlich bereits zu Beginn des 12. Jahrhunderts ebenso wie die St. Bartholomäus Kirche in Niederkrüchten belegt sind.

Das Bedürfnis, sich über die eigene Familie und Sippe hinaus zu gegenseitiger Unterstützung zu “verbrüdern” war im frühen Mittelalter besonders groß.

Die so entstandenen Bruderschaften widmeten sich zunächst mehr den geistlichen Aufgaben und waren fast immer unter dem Schutz eines Heiligen an eine Kirche angegliedert. Ziele waren das gemeinsame Gebet, die Ausübung karitativer Aufgaben und die Betreuung der hinterbliebenen Angehörigen verstorbener Mitglieder. In der von Katastrophen wie der großen Pest und Weltuntergangsängsten geprägten Zeit des Mittelalters erlebten die ersten Bruderschaften eine wahre Blüte. Die Organisationsstruktur und das bruder-schaftliche Leben, so verschieden sie auch waren, sind heute noch ähnlich. Festgelegte Statuten, die Ziele und Aufgaben definieren, ein Vorstand und regelmäßige Zusammenkünfte bildeten ihr Gerüst. Die Entwicklung der ursprünglichen christlichen Bruderschaft in Niederkrüchten begann 1430 mit der Gründung der St. Antonius Schützen-bruderschaft, der auch die Mitbürger aus allen „Kerspels“, also auch aus Gützenrath, angehörten. Auf die frühe Gründung der Niederkrüchtener St. Antonius Schützen-bruderschaft weist zum einen der Name und zum anderen die alte Chronik des Vereins aus dem 17. Jahrhundert hin, die 1430 als das Gründungsjahr nennt. Der Begriff “Schütze” umschreibt also nach mittelalterlichem Sprachgebrauch das “Schießen”, allerdings umfasst er auch den Schutzgedanken im Sinne von “beschützen”.

Bedingung für die Entstehung des Schützenwesens war der Einsatz von Bogen und Armbrust. Wegen der schwierigen Handhabung der Armbrust und später der Gewehre mussten regelmäßig Schießübungen abgehalten werden. So traf man sich in den wärmeren Jahreszeiten zum gemeinsamen „Vogelschuss“, verbunden mit den geselligen Schützenfesten. Dass daneben auch eifrig der Brauch des „Vogelschießens“ gepflegt wurde, enthält eine Denkschrift, in der sich das Heinsberger Stiftskapitel 1533 darüber beklagt, dass der dem Stift gehörende Rurkempener Pfarrhof ausbrannte, weil in seiner Nähe der „Schützenvogel“ aufgestellt und beschossen worden war. Daraus geht hervor, dass das „Vogelschießen“ in dieser Zeit nichts Neues war und sogar mit Feuerwaffen durchgeführt wurde.

Alle Schützenbruderschaften stellten sich unter den besonderen Schutz eines Heiligen, wobei der hl. Sebastian im Rheinland der am häufigsten gewählte Schutzpatron wurde.
Die Blütezeit des Schützenwesens fällt in das 15. und 16. Jahrhundert.

Die Schützenvereinigungen waren grundsätzlich nach dem alten Bruderschaftsprinzip der gegenseitigen Fürsorge im Leben und Tod organisiert. Zu den Pflichten der Schützenbrüder gehörten auch das feierliche Geleit verstorbener Bruderschaftsmitglieder und die Teilnahme an Messen und Prozessionen.

Mit der Reformation verlor sich vielfach die enge Bindung an die Kirche, jedoch ging das Bruderschaftsleben entsprechend ihrer Statuten dennoch weiter. Auch durch das Aufkommen der Feuerwaffen sank die Bedeutung der Bruderschaften. Schützenfeste und Vogelschuss blieben letzte Erinnerung an die Geschicklichkeit mit der Waffe.

Erst durch den jungen Erzbischof und Kurfürsten Clemens August I von Köln (1723 – 1761) erhielten die vielfach stark zurückgehenden Bruderschaften neuen Aufschwung. Der 23-jährige Oberhirte mischte sich unter das Volk und nahm sehr oft selbst am Vogelschießen teil. Sein Beispiel spornte auch die höhere Beamtenschaft an, die das Bruderschaftswesen stark förderte.

Aus dieser Zeit liegen auch für Niederkrüchten die ältesten Unterlagen vor im Archiv der St. Antonius Bruderschaft vom hl. Eremyt 1430 e. V.

Wenn von 1742 bis 1749 unter Präses Reiner Deckers (1726 – 1763) im Verzeichnis der Schützenkönige von Niederkrüchten keine Vertreter aufgeführt sind, dann dürfte der Grund dafür in den Kriegswirren des Österreichischen Erbfolgekrieges liegen, der besonders auch die Gegend von Niederkrüchten heimsuchte. Seit 1749 sind die Schützenkönige für den gesamten Kirchenbezirk, zu dem auch Gützenrath gehörte, lückenlos aufgeführt.

Vom 18. Mai 1750 liegt die Abschrift einer Satzung von 1745 vor, die in 17 Paragrafen das Bruderschaftsleben regelte. Die Handschrift wurde von 15 Mitgliedern unterzeichnet, die des Schreibens kundig waren.

Während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) gab es kriegsbedingt eine größere Zahl von Neugründungen als Schutz gegen herumstreunendes Gesindel. Gegen Ende des Krieges wurden die Bruderschaften teilweise militärähnlich formiert. Als die Landesherren dazu übergingen, Truppenkontingente zu unterhalten und später im 17. und 18. Jahrhundert stehende Heere einzurichten, ging die Bedeutung der Schützenbruderschaften als Wehrverband zurück. Sie wurden zeitweilig noch zu untergeordneten Wachdiensten herangezogen und entwickelten sich immer mehr zu Vereinigungen, die sich neben dem mit Volksfesten verbundenen Schießen auf Vogel und Scheibe, vor allem der Geselligkeit widmeten. Auch die nachfolgenden Kriege zogen Land und Leute in Mitleidenschaft, bis dann endlich 1763 dreißig Friedensjahre folgten.

Aus den alten Bruderschaftssatzungen der St. Antonius Bruderschaft Niederkrüchten von 1769 geht hervor, dass die Ortschaft Niederkrüchten mit den zugehörigen „Kerspels“, zu denen auch Gützenrath gehörte, ursprünglich nur eine Bruderschaft bildeten.

In der „ … conditie ende voorwaerden voor de Broerschappe of Schutterije van St. Antonij tot Nedercruchten op 26. maij 1769 … „ heißt es unter Punkt 7: „Der König soll vom Fähnrich, den Spielleuten und dem Tambour, zwei Brudermeistern und zwei Schützen mit Gewehr bis an die Tür des Königs geleitet werden, sofern er im Dorf wohnt … Doch ist die Sache anders, wenn der König „vant Kerspel is“ … Er ist dann verpflichtet, abends das Silber in die Hände der Brudermeister zu geben. Doch soll er durch die oben genannten Personen bis zum Dorfausgang begleitet werden.“

In dem Mitgliederverzeichnis, das im Original noch vorliegt, werden die Gützenrather Schützen gemeinsam mit den übrigen Bruderschaftsmitgliedern der Niederkrüchtener „Kerspels“ und denen des Dorfes Niederkrüchten selbst genannt.

1788 war das Bruderschaftsleben bis zum Ende der napoleonischen Zeit völlig unterbrochen, da Napoleon auch die Ortschaft Niederkrüchten völlig dem neuen Reglement unterzog. Von 1788 – 1804 wurden weder Aufzüge veranstaltet noch der Vogelschuss gestattet. Nur 1805 und 1811 wurde noch einmal der Vogelschuss durchgeführt. Aus dieser Zeit stammen auch die ältesten noch vorhandenen Silberplatten der Niederkrüchtener Bruderschaft. Seit 1819 fanden dann die Prunkfeierlichkeiten regelmäßig statt. Als Heinrich Lütters 1825 und 1826 Schützenkönig wurde, stiftete er statt einer Silberplatte den heute noch in Niederkrüchten vorhandenen Vogel samt Kette.

1844 hatte die St. Antonius Bruderschaft Niederkrüchten 254 Mitglieder aus Birth, Boscherhausen, Brempt, Brokerhusen, Dam, Gützenrath, Niederkrüchten, Pannenmühle, Radervekes, Rieth, Silverbeek, Varbrook und Veldt. Laarer und Heyener Mitglieder sind keine genannt, da die Laarer und Heyener Mitglieder die Niederkrüchtener Bruderschaft verlassen und seit 1830 gemeinsam eine eigene Bruderschaft gegründet hatten.

Das Mitgliederverzeichnis von 1886 weist zuerst die Schützen der Niederkrüchtener Bruderschaft nach „Kerspels“ getrennt auf. Demnach waren zu dieser Zeit folgende Gützenrather Schützen Mitglied der Bruderschaft vom hl. Antonius Eremyt zu Niederkrüchten:

Nr. 212 Weertz Heinrich Nr. 213 Weertz Wilhelm Nr. 214 Booms Wilhelm Nr. 215 Bonzels Wilhelm
Nr. 216 Clemens Matthias Nr. 217 Clemens Jakob Nr. 218 Clemens Leonhard Nr. 219 Hahsenrath Wilhelm
Nr. 220 Hardgens Wilhelm Nr. 221 Engels Leonhard Nr. 222 Plattfuß Heinrich Nr. 223 Lenartz Wilhelm
Nr. 224 Lenartz Gerhard Nr. 225 Rüllenrath W. H. Nr. 226 Heinrichs Peter Nr. 227 Cüsters Peter
Nr. 228 Gerkens Johann Nr. 229 Clever Theodor

Dann folgen die Namen der Schützen von Brempt. In der Zeit zwischen 1886 und 1895 trennten sich auch die Schützen der „Kerspels“ Brempt und Gützenrath von Niederkrüchten und nannten sich zur Unterscheidung der Niederkrüchtener Bruderschaft nun „Schützengesellschaft von Gützenrath und Brempt“.